Die Qualität von Lernräumen hat großen Einfluss auf das Lernverhalten und letztlich auf den Lernerfolg von Schülern.

24. September 2021

Wie sieht es aus mit dem Klassenzimmer und der Wissensvermittlung der Zukunft?

Mit neuen Konzepten und Technologien das Lernen und die Lernumgebungen in Schulen weiterentwickeln

KOMMUNALtopinform hörte sich um bei denen, die Tag für Tag in Schulen und Klassenzimmern konzentriert arbeiten, zuhören, gemeinsam lernen und sich wohlfühlen sollten – also bei Schülern, Eltern, Pädagogen und auch bei Wissenschaftlern, die nah am Thema sind … damit unsere Kinder auf ihr weiteres Leben gut vorbereitet werden und ihre Fähigkeiten und Interessen voll ausschöpfen können.

 

Bei der Befragung zeigte sich, dass zwar auch neue Technologien notwendig sind, aber vor allem auch die dafür nötige Kompetenz der Lehrenden, sowie auch genügend Zeit, abwechslungsreiche Lernumgebungen und Lernarten mit genügend Platz und Ruhe und die Gemeinschaft in Schulen. Vier Statements von verschiedenen Vertretern unseres Bildungssystems haben wir bisher erhalten.

 

Schüler nicht noch schneller durch die Schuljahre schleudern

Wie heißt es so schön? Gut Ding will Weile haben … das aber auch in der richtigen Lernumgebung

Kevin Miller: „Wir brauchen Raum zum Atmen, Beisammensein und zur Selbstverwirklichung“

„Im Zuge der letzten Monate fanden viele Diskussionen über das Bildungssystem beziehungsweise die 16 Bildungssysteme in Deutschland statt. Dabei waren Bildungsgerechtigkeit, Digitalisierung und Lerninhalte oft gängige Schlagwörter. In diesen Diskussionen ging der Punkt des Klassenzimmers in gewisser Weise verloren. Zwar haben alle Beteiligten gemerkt, dass sich der Unterrichtsraum von den Räumen der Schule zum Online-Konferenzsaal gewandelt hat. Jedoch waren die Thesen, die aus diesem Umstand gezogen wurden, dass die Schule nicht nur ein Ort des Lernens darstellt, sondern auch der sozialen Interaktion mit Lehrern, Schülern und alle weiteren am Schulleben beteiligten Personen.

Der Lebensraum Schule ist durchaus mehr als nur ein Ort des Lernens. Er ist auch der Ort, in dem man erste soziale Kontakte knüpft und auch die ersten Herausforderungen und Niederlagen meistern muss – etwas, was man in einem Online-Raum nur schwer erreichen kann. Betrachtet man jedoch die derzeitigen Schulgebäude und Klassenzimmer, so wird man erkennen, dass der Ort Schule den Ansprüchen einer guten Lebensumgebung nicht gerecht wird. Der Großteil der Schulen in Baden-Württemberg befindet sich im maroden Zustand. Die Decken sind undicht und lassen Regen rein. Es gibt nur selten wirkliche Räume für ein gemeinschaftliches Beisammensein oder die Möglichkeit, mit Vereinen vor Ort innerhalb der Schule Projekte zu realisieren. Klassenzimmer selbst haben zudem nur eine Minimalausstattung – teilweise sind noch Projektoren vorhanden. Dieser Zustand wird seit Jahren von Oppositionellen und Menschen vor Ort beklagt und es ist auch ein bekanntes Problem. Damit jedoch auf diesem Gebiet Veränderungen passieren können, wird scheinbar eine Krise benötigt.

Diese Krise haben wir nun und es werden jetzt Gelder in die digitale Infrastruktur von Schulen beigesteuert. Schulen arbeiten Medienkonzepte aus, um Laptops, Tablets und Whiteboards zu besorgen, teilweise vergessend, wie viele Schwierigkeiten gewisse Teile des Kollegiums mit den digitalen Geräten haben. Diese Investitionen und Medienkonzepte scheinen jedoch zu zeigen, dass viele Menschen denken, dass ein modernes Klassenzimmer ein Raum mit Laptops statt Blöcken und einem Whiteboard statt einer Tafel ist.

Die Investitionen in die digitale Infrastruktur sind keineswegs verkehrt und eine Modernisierung der Schulen zum aktuellen Stand der Technik wird dringend benötigt. Wenn man jedoch die Schule nicht nur als Ort des möglichst effizienten Lernens, sondern auch als sozialen Lebensraum ansieht, müssen in vielen anderen Bereichen der Schule Umdenken und Modernisierung stattfinden.

Sinnvoll ist die Errichtung von Gemeinschaftsräumen und das Ausführen von Projekten vor Ort, in welchen die Schüler mitbeteiligt werden und sich über die Schule hinaus vor Ort engagieren können. Und so ganz andere Erfahrungen als im Unterricht dazugewinnen. Schule und Klassenzimmer sollten Orte sein, wo man nicht nur hingeht, um Bulimielernen zu betreiben, sondern um seine Persönlichkeit zu entfalten. Ein modernes Klassenzimmer muss nicht versuchen, Schüler noch schneller durch die Schullaufbahn zu schleudern, sondern muss als ein Raum zum Atmen, des Beisammenseins und der Selbstverwirklichung dienen.“

(Anmerkung der Redaktion: Begriff „Bulimielernen“ beschreibt nach Aussage des Autors das klassische Auswendiglernen kurz vor einer Prüfung: Man beschäftigt sich kurzfristig mit einem Thema und lernt nur für das Kurzzeitgedächtnis, ohne dass dabei höhere Kompetenz erworben wird.)

 

Kontakt:
Landesschülerbeirat
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport – Geschäftsstelle Landesschülerbeirat
Silberburgstraße 158
70178 Stuttgart
kevin.miller@lsbr.de
www.lsbr.de

 

 

Podiumsdiskussion zum Landesschülerkongress, der alle zwei Jahre stattfindet. Schüler aus Baden-Württemberg erhalten die Möglichkeit, miteinander zu reden und können an verschiedenen Formaten und Programmpunkten teilnehmen.

 

Weitere Statements zum Thema von:
 Dr. Sarah Henkelmann, Sprecherin des Netzwerks Digitale Bildung
 Henrike Paede, stellvertretende Landesvorsitzende, Bayerischer Elternverband e.V.
Kathi Kösters, Schulleiterin der Gesamtschule Münster Mitte (GeMM), und Ulli Thöne, didaktische Leiterin

Wir bedanken uns ganz herzlich dafür!

 

_________________________

 

Diskutieren Sie mit!

 

Wie sieht das Lernen in Ihren/Euren Schulen aus?
Wie funktioniert dort die Kommunikation zwischen Schülern, Lehrern und Eltern?
Welche neuen Technologien verbessern das Lernen?
Wie müssen Lernumgebungen beschaffen sein, damit Schülerinnen und Schüler sich wohlfühlen?
Welchen Einfluss haben Lerngruppen und Klassenstärke auf den Lernerfolg?
Welche didaktischen Methoden verbessern das Lernverhalten nachhaltig?

Wir sind gespannt auf Ihre/Eure Erfahrungen!

 


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